Selbstreflexion für Hochschullehrende

Die wichtigste Grundlage von Lehre sind Sie! Grund genug, einmal über sich selbst nachzudenken und die eigene Lehrpersönlichkeit, Lehrphilosophie und auch individuelle Lehrkompetenzen zu reflektieren. In diesem Beitrag erfahren Sie, wie Sie sich selbst mit Hilfe einer Selbstreflexion unter die Lupe nehmen können, um mit den Erkenntnissen Ihre Lehre zu gestalten.

Die individuelle Lehrpersönlichkeit fortlaufend entwickeln

Im Rahmen Ihrer Tätigkeit an der Hochschule sind Sie u. a. für die Lehre verantwortlich. Wahrscheinlich variieren Ihre Aufgaben – während Sie für manche Veranstaltungen eher zuarbeiten, müssen Sie andere vollständig allein planen und umsetzen. Mit Ihren Aufgaben wachsen Sie. Und nicht nur die formen Ihre individuelle Lehrpersönlichkeit. Als Lehrperson entwickeln Sie sich mit all den Erfahrungen, die Sie im Laufe der Zeit machen – beginnend mit solchen, in denen Sie selbst noch in der Rolle der Lernenden waren und fortlaufend mit den Begegnungen, Herausforderungen und Erfolgen, die Sie als Lehrende sammeln.

Denken Sie doch einmal darüber nach, wer oder was Sie besonders geprägt hat oder noch immer beeinflusst. Haben Sie Ihre Ansichten über die Jahre hinweg geändert? Woran liegt das? Nutzen Sie Ihre Überlegungen, um sich bei der eigenen Lehrgestaltung sowohl in die Rolle als Lehrperson als auch in die Rolle Ihrer Studierenden zu versetzen – es wird Ihnen helfen, ein Verständnis für beide Seiten zu erlangen und die Zusammenarbeit zu stärken.

Über die eigene Lehrphilosophie nachdenken

Die Lehrphilosophie einer Lehrperson stellt den Kern des eigenen Lehrverhaltens dar und zieht sich durch die verschiedenen Phasen der Lehrgestaltung. Was verstehen Sie unter “Lehren und Lernen”, wie lehren Sie und vor allem: Warum lehren Sie so?

Zentrale Fragen zur eigenen Lehrphilosophie:

  • In welcher Rolle sehe ich mich als Lehrperson?
  • Wie sehe/definiere ich die Rolle der Studierenden?
  • Was ist mir in der Lehre wichtig?
  • Was motiviert mich in der Lehre?
  • Verfolge ich einen bestimmten Lehrstil?
  • Was ist für mich gute Lehre?

Setzen Sie sich mit den eben genannten Fragen auseinander. Die Antworten sind dabei ganz individuell und müssen nicht mit Ihren Vorgesetzen oder dem Kollegium übereinstimmen. Es gibt keine richtige oder falsche Lehrphilosophie! Es gibt lediglich Ihre ganz persönliche Darstellung. Hier befinden Sie sich in einer intensiven Selbstreflexion und die Erkenntnisse, die Sie aus Ihren Überlegungen ziehen, spielen eine entscheidende Rolle für Ihr Handeln in der Lehre und um diese herum. Werden Sie sich Ihrer eigenen Lehrphilosophie bewusst, um Ihre Lehre konsistent und sinnvoll zu gestalten. Ihre Studierenden merken, ob Sie durchdacht und authentisch agieren oder ob Sie eine Lehrperson sein wollen, mit deren Ansichten und Werten Sie nicht harmonieren.

Ihre Gedanken gehören dabei ganz Ihnen. An der ein oder anderen Stelle lohnt es sich jedoch, die eigene Haltung und bestimmte Erwartungen oder Vorgehensweisen transparent zu kommunizieren. So schaffen Sie eine klare Basis für die Zusammenarbeit mit den Lernenden und Missverständnisse sind schnell aus dem Weg geräumt. Nutzen Sie also Ihre Erkenntnisse der Selbstreflexion für die Kommunikation mit Ihren Studierenden, um Ihre Lehre erfolgreich umzusetzen.

Übrigens: Auch Ihre Lehrphilosophie kann sich im Laufe der Zeit oder bezogen auf z. B. die Zielgruppe verändern bzw. unterscheiden. Machen Sie sich Ihre Beweggründe bewusst und schließen Sie die Reflexion niemals ab.

Lehrkompetenzen für Hochschullehrende

Lehrkompetenzen – ein Begriff, der viele Facetten aufwirft. Beleuchtet wurde er schon unzählige Male und von vielen verschiedenen Personen. An dieser Stelle möchten wir von weit&weiter jedoch nicht in die wissenschaftliche Analyse und Tiefe des Begriffs und dessen Bedeutung eintauchen, sondern Sie darauf aufmerksam machen, dass Sie Lehrkompetenzen besitzen und ausnutzen, aber auch ausbauen können.

Lehrkompetenzen im Laufe der Zeit

Genau wie Ihre Lehrpersönlichkeit und -philosophie, entwickeln sich Ihre Lehrkompetenzen durch gesammelte Erfahrungen und Ihr Handeln stetig weiter. Am Anfang Ihrer Lehrtätigkeit beschäftigen Sie sich höchstwahrscheinlich erst einmal mit den fachlichen Inhalten Ihrer Lehre und versuchen diese so strukturiert und verständlich wie möglich weiterzutragen. Im Laufe der Zeit können Sie sich vermutlich auch noch um andere Aspekte der Lehre, wie z. B. didaktische Methoden, transparente Zielformulierungen oder motivationale Faktoren kümmern. Wo befinden Sie sich aktuell? Können Sie bereits auf eine Entwicklung zurückblicken? Was hilft Ihnen, um mit Ihrer Lehrgestaltung zufrieden zu sein?

Lehrkompetenzen im Detail

Werfen Sie nun auch noch einen Blick auf die unterschiedlichen Aufgaben, die Sie als Lehrperson vereinen sollen. Hier geht es nicht nur um die Vermittlung von Fachinhalten. Sie benötigen auch eine gewisse Präsentations- und Moderationskompetenz sowie eine Sprach- und Kommunikationskompetenz, um mit Ihren Studierenden in den Austausch zu treten. Für die Vorbereitung Ihrer Lehre hilft Ihnen eine gute Planung, der Einsatz von Methoden und Medien macht die Umsetzung für alle interessant und dient der Zielerreichung. Neben Ihrem Auftritt im Lehrraum gehören auch die Beratung und Betreuung zu Ihren Aufgaben, die von Ihnen eine gewisse Sozial-, aber auch Problemlösekompetenz einfordern. Behalten Sie außerdem Ihr Diversity Management im Blick. Und wie steht es um Ihre Selbstkompetenz?

Das wirkt erschlagend? Gehen Sie Schritt für Schritt vor! Machen Sie sich erst einmal bewusst, welche Aufgaben und damit verbunden welche Kompetenzen in Verbindung mit Ihrer Lehrtätigkeit von Ihnen verlangt werden. Schauen Sie sich anschließend die einzelnen Kompetenzen im Detail an und verdeutlichen Sie sich auf einer selbstgewählten Skala, wo Sie jeweils stehen. Auf dieser Basis können Sie Ihre Stärken ausfindig machen und Schwächen aufdecken. In einigen Fällen bedarf es also vermutlich noch der Weiterentwicklung, andere Bereiche können Sie sich zunutze machen. Bleiben Sie auch hier in Bezug auf die Selbstreflexion nicht stehen, sondern werden Sie sich dem Stand der Dinge regelmäßig bewusst.

weit&weiter unterstützt Lehrende bei der Selbstreflexion

Die intensive Selbstreflexion lässt sich u. a. im Rahmen eines persönlichen Lehrportfolios bespiegeln. Gerne unterstützen wir Sie bei einem solchen Vorhaben. Über Ihre Kontaktaufnahme freuen wir uns.

Um sich mit Ihrer Selbstreflexion noch intensiver auseinandersetzen, bieten wir Ihnen außerdem den Austausch im Rahmen einer individuellen Beratung mit weit&weiter an. Konkrete Anliegen, Beleuchtung Ihrer individuellen Kompetenzen oder die Entwicklung Ihrer Lehrphilosophie können wir hier gemeinsam mit Ihnen bearbeiten.

Quellen

  • Elsmann, L. (2018): Multiperspektivische Beratung zur Weiterbildung von Lehrpersonen im Rahmen ihrer beruflichen Sozialisation am Beispiel des ExAcT Programms der RWTH Aachen University. Apprimus Verlag.
  • Reichmann, E. & Sievert, B. (2016): Lehrportfolios für akademische Kontexte erstellen. Ein praktisches Handbuch. Verlag beruf und leben.
  • Ruhr-Universität Bochum: Lehreladen. Downloadcenter für inspirierte Lehre. Online unter: https://dbs-lin.ruhr-uni-bochum.de/lehreladen/ (zuletzt aufgerufen: 14.07.2023).
  • Seldin, P. & Miller, J. E. (2009): The Academic Portfolio. A Practical Guide to Documenting Teaching, Research, and service. Josseybass.
  • Seldin, P. et al. (2010): The Teaching Portfolio. A Practical Guide to Improve Performance and Promotion/Tenure Decisions. Josseybass.
  • Wildt, J. (2003): The Shift from Teaching to Learning – Thesen zum Wandel der Lernkultur in modularisierten Studienstrukturen. Düsseldorf.